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12. AUGUST 2024
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SEXUALITÄT

Sexuelle Orientierung: Richtig ist, was sich gut anfühlt

Sexuelle Orientierung: Richtig ist, was sich gut anfühlt
In der Pubertät können Fragen zur sexuellen Orientierung auftauchen. Doch was bedeuten etwa die Begriffe Homosexualität oder Bisexualität? Erfahre zudem, weshalb es gut ist, sich Zeit zu lassen, die eigene sexuelle Orientierung zu definieren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Jede Ausprägung sexueller Orientierung ist richtig.
  • Lass dir Zeit, deine Sexualität zu entdecken.
  • Du darfst aufgrund deiner sexuellen Orientierung nicht diskriminiert werden.
  • Du entscheidest, wann und wem du dich mitteilst.
  • Sexuelle Orientierung kann sich verändern.

Wenn sich in der Pubertät der Körper verändert, beginnt für viele Jugendliche ein Findungsprozess. Ein wesentlicher Aspekt dieser Auseinandersetzung mit sich selbst ist das Thema Sexualität. Was mag ich? Was mag ich nicht? Zu wem fühle ich mich emotional hingezogen? Stehe ich auf Mädchen oder Jungs? Oder auf mehrere Geschlechter?

Heterosexualität, Homosexualität und mehr

Sexuelle Orientierung umfasst eine breite Palette. Hier eine nicht abschliessende Auflistung:

Heterosexuell: Menschen bezeichnen sich als heterosexuell, wenn sie sich zum anderen Geschlecht hingezogen fühlen.

Schwul: Männer bezeichnen sich als schwul respektive homosexuell, wenn sie Männer sexuell attraktiv finden.

Lesbisch: Frauen bezeichnen sich als lesbisch respektive homosexuell, wenn sie Frauen begehren.

Bisexuell: Als Bisexualität wird bezeichnet, wenn Personen sich sowohl zum weiblichen als auch zum männlichen Geschlecht hingezogen fühlen.

Asexuell: Empfindet jemand keine sexuelle Anziehung zu anderen Menschen, wird das als Asexualität bezeichnet.

Aromantisch: Eine Person, die sich als aromantisch bezeichnet, empfindet keine romantischen Gefühle gegenüber anderen Menschen, unabhängig vom Geschlecht.

Pansexuell: Für Menschen, die sich als pansexuell definieren, steht nicht das Geschlecht, sondern der Mensch im Vordergrund. Das heisst, dass sie Menschen und nicht ein spezifisches Geschlecht attraktiv finden.

Polyamor: Wer polyamor lebt, empfindet romantische Gefühle gegenüber mehr als einer Person.

Sexuelle Orientierung als Prozess

Die eigene sexuelle Orientierung zu finden, ist ein Prozess. Du darfst ausprobieren und musst dich nicht sofort festlegen. Du darfst dir Zeit lassen, um herauszufinden, welche Sexualität du leben oder nicht leben möchtest. Wie, wann, wo und mit wem du Sexualität leben möchtest, kann sich mit der Zeit auch verändern.

Du musst keinem Bild entsprechen. Jede Ausprägung sexueller Orientierung ist normal und gültig, solange sie auf Konsens basiert. Davon ausgenommen ist die Pädophilie, wenn also Erwachsene Kinder begehren. Pädophilie ist eine psychische Störung und kann durch Therapie reguliert und unter Kontrolle bekommen werden. Es gibt Beratungsstellen, welche Betroffene dabei unterstützen.

Das biologische Geschlecht des Menschen wird bei der Geburt festgestellt. Dieses kann sich vom Geschlecht, dem sich eine Person zugehörig fühlt, unterscheiden. Letzteres nennt sich Geschlechtsidentität. In den Texten «Geschlechtsidentität – Begriffe rund ums Geschlecht» und «Non-binär: weder männlich noch weiblich – oder beides» kannst du mehr über das Thema Geschlechtsidentität erfahren.

Deine sexuelle Identität

Möglicherweise löst das Thema sexuelle Orientierung bei dir Unsicherheit aus. Du bist dir vielleicht nicht sicher, wen du wirklich begehrst. Oder du bist beunruhigt, weil du anders empfindest als dein Umfeld. Vielleicht kommen auch negative Gefühle auf. Es ist wichtig, dass du in dich hinein spürst, ohne irgendwelche Erwartungen.

Manchmal braucht es Zeit, sich zu akzeptieren, wie man ist. Du darfst dir diese Zeit nehmen. Zudem ist es hilfreich, Verbündete und Gleichgesinnte auf diesem Weg zu haben. Bei Menschen, mit denen du dich wohlfühlen und dich selbst sein kannst, kannst du dich entfalten.

Wichtig ist, dass du dir bewusst bist, dass sexuelle Orientierung etwas Persönliches ist. Du musst keinen Erwartungen entsprechen, weder jenen deiner Eltern noch jenen deiner Freundinnen und Freunde. Seine eigene Sexualität zu kennen und auszuleben ist ein Grundrecht. Du hast sexuelle Rechte.

Sexuelle Minderheiten werden diskriminiert

Dass wir heute eine Diversität betreffend sexueller Orientierung leben dürfen, ist nicht selbstverständlich. Dahinter steht ein historischer Prozess. Das Recht auf Gleichberechtigung musste auf der Strasse erkämpft werden. Wer andere Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert, herabwürdigt, verletzt, ausschliesst oder ähnliches macht sich strafbar (Erweiterung der Antirassismus Strafnorm STGB 261). Trotzdem wird Heterosexualität in breiten Bevölkerungsschichten immer noch als Norm betrachtet. Dies führt dazu, dass LGBTQAI+ Personen (lesbian, gay, bi, transsexuell/transgender, queer, intersexuelle, asexuelle und + für alle nicht genannten nicht-heterosexuellen Menschen) Nachteile erleben. Menschen, die nicht der Norm entsprechen, erfahren immer noch Diskriminierung im Alltag, und auch Gewalt. Die Auseinandersetzung mit der sexuellen Identität kann für sie krisenhaft und schwierig sein.

Tipps

  • Du entscheidest, wann und mit wem du über deine sexuelle Orientierung sprichst. Niemand hat das Recht, dich gegen deinen Willen zu outen. Mehr zum Thema Coming-out erfährst du im Artikel «Coming-out heisst, sich selbst akzeptieren».
  • Es braucht Zeit, zu akzeptieren, wenn man nicht der Mehrheit entspricht. Gerade wenn du der Reaktion deines Umfelds nicht sicher bist, ist es okay, wenn du niemandem von deiner sexuellen Orientierung erzählst.
  • Bist du unsicher, kannst du zuerst über einen queeren Film oder über eine Freundin sprechen, um zu sehen, wie dein Umfeld reagiert.
  • Melde Diskriminierung und wende dich an eine Opferhilfestelle oder die Polizei, wenn du Gewalt erlebst.
  • Es kann helfen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, Kontakte, Treffen etc. findest du beispielsweise bei der Jugendorganisation Milchjugend. Es gibt zudem Partys oder Lokale, wo du auf jeden Fall willkommen bist und nicht diskriminiert wirst.
  • Bei Unsicherheiten oder Fragen kannst du dich an die Beratung 147 oder die Beratungsstelle von du-bist-du.ch wenden.

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