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29. JANUAR 2025
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FAMILIE

Toxisches Verhalten in der Familie: So kannst du dich schützen

Toxisches Verhalten in der Familie: So kannst du dich schützen
Wirst du zuhause ständig kritisierst und bist an allem schuld? Fragst du dich, ob sich deine Eltern dir gegenüber toxisch verhalten? Erfahre, wie sich psychische Gewalt in der Familie zeigen kann und was du tun kannst, um dich davor zu schützen. 🩹

Das Wichtigste in Kürze: 👇

  • Psychische Gewalt in der Familie kommt häufig vor, ist aber nicht immer einfach zu erkennen.
  • Toxisches Verhalten kommt nicht nur unter Erwachsenen vor, sondern auch von Eltern gegenüber ihren Kindern.
  • Psychische Gewalt ist sehr schädlich, besonders innerhalb der Familie.

Du darfst dir Hilfe holen, wenn du psychische Gewalt erlebst.

Hast du schon mal das Wort «toxisch» gehört und dich gefragt, was es bedeutet? In einer toxischen Beziehung verhält sich eine Person immer wieder schädlich und grenzüberschreitend gegenüber der anderen Person. Oft wird psychische Gewalt ausgeübt. Psychische Gewalt ist im Gegensatz zu anderen Gewaltformen weniger gut sichtbar und fassbar und wird deshalb oft nicht als solche erkannt. Toxisches Verhalten kann zwischen Erwachsenen oder Jugendlichen vorkommen, aber auch zwischen Vätern und Müttern gegenüber ihren Kindern.

Das Schlimme an toxischem Verhalten ist, dass es Personen betrifft, die sich nahestehen. In nahen Beziehungen ist man besonders verletzlich. Entsprechend kann psychische Gewalt grossen Schaden anrichten.

Verhalten sich meine Eltern toxisch?

Hast du das Gefühl, dass du von deiner Mutter oder deinem Vater ständig kritisiert wirst? Machst du in den Augen deiner Eltern alles falsch? Wirst du zuhause in einer Weise behandelt, die bei dir Angst und Unsicherheit auslöst? Fühlst du dich zuhause nicht mehr wohl? Zweifelst du oft an dir und denkst du, dumm und unfähig zu sein? Nimm diese Gefühle ernst: Sie könnten ein Hinweis darauf sein, dass du in deiner Familie psychische Gewalt erlebst.

  • Du wirst von deiner Mutter oder deinem Vater immer wieder heftig kritisiert. Auch wenn du eigentlich nichts falsch gemacht hast.
  • Du wirst von deinen Eltern abgewertet, beleidigt und gedemütigt. Du wirst oft angeschrien und eingeschüchtert.
  • Deine Eltern vergleichen dich mit anderen, zum Beispiel deinen Geschwistern, und du kommst dabei stets schlechter weg. Oder Geschwister bekommen die ganze Zuneigung und du wirst ignoriert. 
  • Deine Eltern sagen oft Dinge zu dir, die dazu führen, dass du dich schlecht fühlst oder sogar schuldig für Dinge, die in ihrem Leben schwierig sind und für die du nichts kannst. Sie bestrafen dich mit Liebesentzug.
  • Du zweifelst stark an dir selbst und wagst nicht, du selbst zu sein, sondern versuchst, deinen Eltern alles recht zu machen.
  • Deine Eltern zeigen dir gegenüber selten Wertschätzung und Anerkennung. Du erfährst meist nur Ablehnung.
  • Deine Eltern drohen dir mit Gewalt oder dich wegzuschicken, wenn du nicht tust, was sie möchten.
  • Du weisst nie, woran du bist und wann die Stimmung deines Vaters oder deiner Mutter kippt. Auf Zuneigung folgt plötzlich Abneigung und Wut. 
  • Du wählst deine Worte gegenüber deinem Vater oder deiner Mutter sehr sorgfältig, um nicht seine oder ihre plötzliche Wut auszulösen. 
  • Du fühlst dich in der Gegenwart deines Vaters oder deiner Mutter ängstlich und unwohl. Das Zusammensein mit ihm oder ihr ist belastend und raubt dir viel Energie.
  • Du hast keine Privatsphäre und wirst ständig kontrolliert. Deine Eltern durchsuchen dein Zimmer, kontrollieren dein Handy und deine Nachrichten, überwachen deinen Standort. Du darfst nicht rausgehen und deine Freunde treffen.

Wieso verhalten sich Eltern toxisch?

Toxische Eltern sind meistens nicht absichtlich bösartig. Sie meinen es manchmal sogar «gut» mit ihrer Kritik, ihren hohen Erwartungen und dem Druck, den sie ausüben. Manche Eltern wissen es nicht besser, weil sie es selbst nie anders gekannt haben und nie gelernt haben, wie man Kinder auf eine gute, liebevolle Art erzieht.

Früher wurde psychische Gewalt gegenüber Kindern toleriert oder sogar als gute Erziehung befürwortet. Einige wurden als Kind selbst abgewertet und geben das Erlebte unabsichtlich an die eigenen Kinder weiter. So kann psychische Gewalt von Generation zu Generation «weitervererbt» werden. Trotzdem ist psychische Gewalt nie in Ordnung und nicht zu entschuldigen. Es ist wichtig, etwas dagegen zu unternehmen. Manche Eltern, die psychische Gewalt ausüben, leiden auch an einer psychischen Erkrankung.

Dein Zuhause ist der Ort, an dem du dich geborgen und geliebt fühlen solltest. Als Kind oder jugendliche Person brauchst du von deinen Eltern viel Sicherheit, Bestätigung und Anerkennung, um ein gutes Selbstwertgefühl zu entwickeln.

Dies sind Merkmale einer gesunden Beziehung zwischen Eltern und Kindern:

  • Deine Eltern hören dir zu, nehmen deine Meinung, Bedürfnisse und Grenzen ernst.
  • Deine Eltern zeigen Verständnis für deine Gefühle.
  • Deine Eltern trösten, ermutigen und motivieren dich.
  • Deine Eltern halten sich an ihre Worte. Du kannst dich auf sie verlassen.
  • Deine Eltern kritisieren dein Verhalten sachlich, ohne dich abzuwerten.
  • Deine Eltern loben dich für deine Leistungen und Fortschritte.
  • Deine Eltern trauen dir etwas zu und vertrauen dir. 
  • Deine Eltern unterstützen dich in deiner Unabhängigkeit.
  • Deine Eltern lieben dich, auch wenn du Fehler oder Unsinn machst.

Psychische Gewalt kann Folgen haben

Nobody is perfect, auch deine Eltern nicht. Möglicherweise erfüllen sie deshalb nicht immer alle Kriterien einer gesunden familiären Beziehung. Vielleicht werden sie auch mal laut oder sagen etwas, das sie später bereuen. Wenn sich deine Mutter und/oder dein Vater jedoch überwiegend schädlich und grenzüberschreitend verhalten, solltest du dir Unterstützung holen. Dies ist sehr wichtig, denn psychische Gewalt kann bei Kindern unter anderem zu Ängsten, Depression und Minderwertigkeitsgefühlen führen, die ein Leben lang anhalten.

Was kannst du tun, wenn du psychische Gewalt erlebst?

  • Informiere dich über psychische Gewalt. Es ist wichtig, klar zu erkennen, dass toxisches Verhalten falsch ist – nicht DU bist falsch.
  • Sage dir immer wieder, dass du gut bist, so wie du bist und das Verhalten deiner Eltern eigentlich nichts mit dir oder deinem Wert zu tun hat.
  • Höre auf deine Gefühle und vertraue darauf. Auch wenn du deine Eltern liebst, kann es sein, dass sie im Unrecht sind und sich dir gegenüber falsch verhalten. 
  • Versuch in einem geeigneten Moment mit deinen Eltern zu reden. Sag ihnen, dass dich ihr Verhalten verletzt und verunsichert. Dies kann allerdings bei Menschen, die psychische Gewalt anwenden, zu noch mehr Wut, Kritik und Schuldzuweisungen führen. Wenn du befürchtest, dass dies passieren könnte, such lieber das Gespräch mit einer anderen Vertrauensperson.
  • Erzähle einer Vertrauensperson, was du erlebst: anderen Familienmitgliedern, einem Freund oder einer Freundin, einer Lehrperson oder der Schulsozialarbeit.
  • Suche Unterstützung bei Fachpersonen. Wende dich zum Beispiel an die Opferhilfe. Sie sind unter anderem auf psychische Gewalt spezialisiert und können dich über deine Möglichkeiten und Rechte informieren. Sie werden mit dir nach Möglichkeiten suchen, um dich zu schützen. Beratungen sind kostenlos und vertraulich.
  • Du kannst in einem ersten Schritt auch gerne die Berater*innen von 147 kontaktieren, falls du noch Fragen oder Bedenken hast: Sie sind rund um die Uhr vertraulich und kostenlos für dich da. Indem du dir Unterstützung holst, wendest du dich nicht gegen deine Eltern. Du übernimmst damit Verantwortung für dein Wohlergehen und deine Sicherheit. Du hast es verdient, in Sicherheit aufzuwachsen. 

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